Wer eine vermietete Immobilie verkaufen möchte, muss bei der Frage nach dem Verkaufspreis mehr als den bloßen Sachwert beziffern. Das Ertragswertverfahren bestimmt den tatsächlichen Wert eines Objekts, indem es die möglichen Erträge aus der Vermietung berücksichtigt. Erfahren Sie hier, in welchen Fällen das Verfahren angewandt wird und wie der Ertragswert einer Immobilie im Detail errechnet wird.
Ertragswertverfahren zur Wertermittlung von Immobilien
Das Ertragswertverfahren wird zur Ermittlung des Verkehrswertes von vermieteten oder verpachteten Immobilien genutzt.
Bei der Berechnung spielen der Bodenwert sowie zukünftige Erträge aus Vermietung oder Verpachtung eine entscheidende Rolle.
Der errechnete Ertragswert hilft dem Verkäufer dabei, einen angemessenen Preis für das Verkaufsobjekt zu ermitteln.
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Das Ertragswertverfahren ist eines der offiziellen Verfahren zur Wertermittlung von Immobilien. Die Methode selbst und ihre Anwendung sind gesetzlich in §§ 27-34 ImmoWertV geregelt.. Anders als beim Sachwertverfahren oder das Vergleichswertverfahren werden hier mehrere individuelle Aspekte bei der Berechnung berücksichtigt:
- Bodenwert
- Bodenwertverzinsung
- Mieteinnahmen und Bewirtschaftungskosten
- Vervielfältiger
- Bauliche Umstände
Das Ertragswertverfahren für Immobilien kann gemäß ImmoWertV in drei verschiedenen Varianten zur Anwendung kommen:
- Allgemeines Ertragswertverfahren (§ 28 ImmoWertV)
- Vereinfachtes Ertragswertverfahren (§ 29 ImmoWertV)
- Periodisches Ertragswertverfahren (§ 30 ImmoWertV)
Beim allgemeinen und vereinfachten Ertragswertverfahren ist eine getrennte Ermittlung der Gebäudewertanteile möglich. Das periodische Ertragswertverfahren berücksichtigt starke Veränderungen der marktüblichen Erträge innerhalb einer absehbaren Periode. Reinertrag und Grundstückswert ergeben den Gesamtwert am Ende des Betrachtungszeitraums.
Abgrenzung zu Sachwertverfahren und Vergleichswertverfahren:
Weder beim Sachwertverfahren noch beim Vergleichswertverfahren steht die Rendite der Immobilie im Fokus. In diesem Punkt grenzt sich das Ertragswertverfahren wesentlich von den anderen beiden anerkannten Wertermittlungsverfahren für Immobilien ab.
Das Ertragswertverfahren ist darauf ausgelegt, den Wert von vermieteten oder verpachteten Immobilien zu bestimmen. Aus diesem Grund wird es vor allem eingesetzt, wenn Sie eine vermietete Wohnung verkaufen oder eine Gewerbeimmobilie verkaufen möchten. Generell kommen also alle Objekte infrage, die in Zukunft Einnahmen für den Eigentümer generieren werden. Dazu zählen zum Beispiel:
- Mehrfamilienhäuser
- Büro- und Geschäftsgebäude
- Einzelhandelsimmobilien
- Objekte mit gemischter Nutzung
- Gewerbliche Objekte wie Hotels oder Restaurants
Als Basis für die Berechnung dient der Bodenwert. Dieser ergibt sich aus der Fläche des Grundstücks und dem vom Gutachterausschuss bekannt gegebenen Bodenrichtwert pro Quadratmeter.
In einem zweiten Schritt wird die Bodenwertverzinsung berechnet. Hierfür wird der Liegenschaftszinssatz herangezogen. Bei Wohnobjekten sind das meistens Werte im Bereich von fünf Prozent.
Die dritte Komponente für das Ertragswertverfahren sind Mieteinnahmen und Bewirtschaftungskosten. Zur Berechnung des Rohertrags werden die marktüblichen Mieten herangezogen, nicht zwangsläufig die tatsächlich gezahlte Miete im Vorjahr. Vom Rohertrag werden die Bewirtschaftungskosten wie Aufwendungen für die Hausverwaltung und Instandhaltung abgezogen. Die Differenz ist der Reinertrag, der pro Jahr erwirtschaftet werden kann.
Der Vervielfältiger ist ein Faktor, der bei der Berechnung vom Ertragswert des Objekts ohne den bereits berechneten und berücksichtigten Bodenwert hilft. Er setzt sich aus der voraussichtlichen Restnutzungsdauer des Gebäudes und dem geltenden Liegenschaftszins zusammen. Je länger die Restnutzungsdauer, desto größer der Vervielfältiger. Die Formel lautet:
Vervielfältiger = [(i +1)n -1)] / [(i +1)n x i)]
i = Liegenschaftszins
n = Nutzungsdauer
Der letzte Faktor, der bei der Berechnung des Ertragswerts miteinbezogen wird, sind die baulichen Umstände. Anstehende Sanierungen oder renovierungsbedürftige Wohneinheiten mindern den Ertragswert je nach Ausmaß deutlich.
Für die Berechnung des Ertragswertverfahrens kommen mehrere Rechenformeln zum Einsatz. Nachstehend sind die wichtigsten Rechenschritte der Ertragswertberechnung in Formeln abgebildet:
Wohnfläche/Nutzfläche x Preis pro Quadratmeter x 12 Monate = Rohertrag
Rohertrag - Bewirtschaftungskosten = Reinertrag
Bodenrichtwert x Grundstücksgröße = Bodenwert
Bodenwert x Liegenschaftszins = Bodenwertverzinsung
Reinertrag - Bodenwertverzinsung = Gebäudereinertrag
Gebäudereinertrag x Vervielfältiger = Gebäudeertragswert
Gebäudeertragswert + Bodenwert = Vorläufiger Ertragswert
Vorläufiger Ertragswert +/- bauliche Umstände = Finaler Ertragswert
Wie das Ertragswertverfahren in einem konkreten Fall aussieht, zeigt folgendes Beispiel:
- Preis pro Quadratmeter Wohnfläche: 9,50 Euro
- Wohnfläche: 200 Quadratmeter (m²)
- Bodenrichtwert: 250 Euro
- Größe des Grundstücks: 500 Quadratmeter (m²)
- Liegenschaftszins: 5 Prozent
- Vervielfältiger: 17,85
- Bewirtschaftungskosten pro Jahr: 8.500 Euro
- Wertbeeinflussende Umstände: -12.500 Euro
Schritt | Berechnung | Ergebnis |
1: Rohertrag ermitteln | 200 m² x 9,50 € x 12 Monate | 21.600,00 € |
2: Reinertrag ermitteln | 21.600,00 € - 8.500,00 € | 13.100,00 € |
3: Bodenwert berechnen | 500 m² x 250 € | 125.000,00 € |
4: Verzinsung des Bodenwerts | 125.000,00 € x 5 % | 6.250 € |
5: Gebäudeeintrag kalkulieren | 13.100,00 € - 6.250,00 € | 6.850,00 € |
6: Gebäudeertragswert ermitteln | 6.850 € x 17,85 | 122.272,50 € |
7: Vorläufiger Ertragswert | 122.272,50 € + 125.000,00 € | 247.272,50 € |
8: Finaler Ertragswert | 247.272,50 € - 12.500,00 € | 234.772,50 € |
Das Ertragswertverfahren hat den Vorteil, einen möglichst realistischen Wert zu bestimmen, der viele Aspekte berücksichtigt und ein umfassendes Bild von der Investitionsmöglichkeit ergibt. Gleichzeitig besteht in Zeiten steigender Mieten für Verkäufer das Risiko, dass der Ertragswert zu niedrig ausfällt: Schließlich werden zur Berechnung des Rohertrags die Mieterträge vergangener Jahre herangezogen und nicht die Mieten, die wahrscheinlich in Zukunft verlangt werden können. Auch die Abhängigkeit vom Liegenschaftszins kann zu Problemen führen, falls nicht genug Daten zur Ermittlung vorliegen.
Vorteile des Ertragswertverfahrens | Nachteile des Ertragswertverfahrens |
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FAQ: Häufige Fragen zum Ertragswertverfahren
- Wie berechnet man das Ertragswertverfahren?
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Das Ertragswertverfahren wird in mehreren Schritten berechnet, beginnend mit dem Rohertrag und abschließend mit dem finalen Ertragswert der Immobilie; dazu werden komplexe Formeln angewandt.
- Wie funktioniert das Ertragswertverfahren?
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Beim Ertragswertverfahren erfolgt die Berechnung stufenweise unter Einbeziehung der Ertragskraft der Immobilie, der Bewirtschaftungskosten und des Bodenwerts.
- Wann benutzt man das Ertragswertverfahren?
-
Das Ertragswertverfahren wird für Mietimmobilien und Pachtobjekte genutzt, die auch zukünftig als Renditeobjekte dienen sollen.
- Welche Ertragswertverfahren gibt es?
-
Es wird zwischen dem allgemeinen, dem vereinfachten und dem periodischen Ertragswertverfahren unterschieden.
- Wie ermittelt man den Ertragswert einer Immobilie?
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Der Ertragswert wird mit einer stufenweisen Berechnung ermittelt. Dabei werden der Rohertrag, Bodenwert, Gebäudereinertrag und schließlich der finale Ertragswert ermittelt.